Ich geh dahin, wo die Sonne scheint

Flora liebt die Natur, das weiß jeder. Denn hier fühlt sie sich quietschfidel, wie ein Schmetterling, der von Blüte zu Blüte flattert. Gleichzeitig ist es ein heiliger Ort, an dem das Licht durch die Baumkronen tanzt und die Luft wie ein sanfter, tröstender Mantel ihre Haut streichelt. Besonders liebt sie Lieblingsbaum. Er steht am allerschönsten Punkt einer kleinen Lichtung. Seine ausladenden Äste wirken wie eine schützende Umarmung, und seine grünen Blätter flüstern im Wind uralte Geheimnisse über die Liebe zu sich selbst.

Heute steht Flora mit einem warmen Kribbeln im Bauch vor Lieblingsbaum. Sie hat das Gefühl, dass dieser Ort sie immer wieder ruft – besonders dann, wenn ihre Gedanken unruhig durch sie hindurchflitzen. Immer dann setzt sie sich an seine Wurzeln, die sich wie braune Hügel über den Boden wölben, und lässt ihren Blick weit in die Ferne schweifen.

 „Ich weiß nicht, warum ich mich manchmal so verloren fühle,“ murmelt sie leise. „Es ist, als ob ich in mir selbst den Kompass verliere. Dabei will ich doch einfach nur glücklich sein.“

Eine leichte Brise streift ihr Gesicht, und ein einzelnes Blatt löst sich von den Ästen. Es segelt… und segelt… und seeeegelt… laaangsam zu Boden und landet mitten zwischen ihren Füßen. Flora hebt es vorsichtig auf. Das Blatt ist leuchtend grün und so zart, dass das Sonnenlicht flackernd hindurchschimmert. Sie betrachtet es und bemerkt feine Linien, die wie eine Schatzkarte aus Wegen und Pfaden aussieht.

Während sie das Blatt in den Händen hält, hört sie eine leise, warme Stimme in ihrem Inneren. Es sind die Worte ihres Lieblingsbaums. Er spricht zu ihr, ohne den Mund bewegen zu müssen – eine Art innere Stimme, die sich meldet. 

„Wenn du suchst, wirst du finden,“ flüstert die Stimme. „Schau dorthin, wo das Licht dich berührt. Lass los, was dich im Schatten hält.“

Flora schließt die Augen und stellt sich lebendig vor, wie sie durch ihr Leben wandert. Sie sieht die Augenblicke, die sich schwer wie harte graue Steine anfühlen, und Menschen, die Energie aus ihr herausziehen. Es ist, als ob ein grauer Nebel sie umhüllt und ihr verbietet, die Wärme der Sonne und die Liebe zu spüren.

Das möchte Flora nicht mehr… Sie beobachtet, wie das Blatt leicht und frei durch die Luft tanzt. Etwas in ihr regt sich – ein leiser Funke, so wie ein sanfter Ruf. „Lass los, was dich im Schatten hält“ – die Worte ihres Lieblingsbaums klingen nach, während sie dem Blatt mit den Augen folgt. 

Plötzlich spürt sie, was sie tun möchte. Ihr Herz klopft schneller, aber diesmal nicht aus Unruhe, sondern aus Vorfreude. Sie erinnert sich daran, wie sehr sie es geliebt hat, zu malen – wie es ihr früher geholfen hat, aus der Freude heraus zu malen, wenn Worte nicht ausreichten. Wann habe ich damit aufgehört? Wann habe ich angefangen, meine Freude hinten anzustellen und mit dem Verstand zu malen?

Entschlossen läuft sie nach Hause, sammelt auf dem Weg Blätter, kleine Äste und ein paar wundervolle Blumenblüten. Als sie ankommt, schnappt sie sich Papier und bunte Farben und legt sofort los. Doch sie malt nicht einfach – sie lässt los. Manchmal hilft es ihr, den Pinsel in die linke Hand zu legen, dann liegt der Fokus ganz und gar nicht mehr auf Perfektion, sondern auf dem Wesentlichen. Jeder Pinselstrich ist eine Befreiung, jede Farbe eine energetische Aufladung und vor allem die Heilung ihrer Vergangenheit.

Sie malt das Licht, das durch die Bäume flackert. Sie malt den Wind, der ihr durchs Haar streicht. Und sie malt ihren Lieblingsbaum, der sie immer wieder auffängt, wenn sie sich fast verliert.

Mit jeder Bewegung fühlt sie sich leichter, als würde sie mit ihren Fingern all die grauen Steine von ihrer Seele schnipsen. Sie erkennt: Heilung beginnt, wenn sie sich erlaubt, sich wieder mit dem zu verbinden, was sie glücklich macht.

Als das Bild fertig ist, betrachtet sie es lange, sie konnte nicht mehr wegschauen. Jetzt lächelt sie wieder! Zum ersten Mal seit Langem fühlt sie sich nicht nur ruhig und gelassen, sondern auch mit Liebe erfüllt. Sie nimmt sich vor, wieder öfters zu malen – nicht, weil sie muss, sondern weil es sie zu sich selbst führt.

Und Immer während die Farben auf dem Papier leuchten, weiß sie: Das Licht, nach dem sie sucht, war immer in ihr. Sie brauchte es einfach nur wieder freilassen.

❤️ Was für eine schöne Erkenntnis für die kleine Flora. Ich wünsche auch dir, dass dich die Funken und Lichtblitze der Liebe und Freude finden. Zeig dich mit dem, was deine Seele berührt! Deine Dori